Ganz nach dem Motto „je mehr, desto besser“, sehen wir immer wieder Entwicklungen und neue Ideen aus dem Boden sprießen bei denen wir uns fragen, ob die wirklich ein Problem lösen, oder ob bloß zwingend eine neue Technologie benutzt werden sollte.
Die Strategieberatung von PwC hat ermittelt, wie viel Geld globale Großkonzerne im vergangenen Jahr für Forschung ausgegeben haben. Demnach führt Amazon mit Forschungsausgaben in Höhe über 16 Milliarden US-Dollar die Spitze klar an.
Zum Vergleich: Die jährlichen Ausgaben für Schulen in Hamburg sind zwar seit 2006 deutlich gestiegen und liegen aber trotzdem nur bei etwa 1,7 Milliarden Euro. Die Investitionen eines Unternehmens in die Forschung innerhalb eines Jahres könnten also die Hamburger Schulbildung für die nächsten 12 Jahre finanzieren.
Und auch im Bereich der Patentanmeldungen passiert so einiges. Laut der WIPO (World Intellectual Property Organisation) wurden nur in 2019 weltweit rund 3,2 Mio. Patente angemeldet. Das sind ca. 8.800 neue Anmeldungen täglich .
Da ist es natürlich nicht ganz unwahrscheinlich, dass viele digitale Lösungen nicht so benutzt werden wie erhofft, oder tatsächlich gar nicht benutzt werden.
Greifen wir uns ein Beispiel heraus: Kennst du den Amazon Dash Button? Wenn nicht, dann ist das auch nicht sehr verwunderlich, denn das Produkt (kleiner Spoiler vorab) war nicht besonders erfolgreich und wurde inzwischen auch schon wieder eingestellt.
Ziel dieses kleinen Knopfes war es Alltags-Produkte per Knopfdruck nachzubestellen. Dafür waren diese Knöpfe mit der heimischen Internetverbindung vernetzt. Wenn Haushaltsprodukte wie Zahnpasta, Klopapier oder Küchenrollen im Haushalt zur Neige gehen, dann sollten wir also nur auf den Button drücken und am nächsten Tag würde der Postbote mit einem Paket vor der Haustür stehen. So war der zumindest der ursprüngliche Plan.
Die Technologie war für Amazon jedoch wenig erfolgreich. Warum? Bisher kaufen Kunden diese Produkte, wenn sie ihren Wocheneinkauf machen. Wir gehen nur sehr selten extra los nur um eine neue Zahnpasta zu kaufen. Zusätzlich macht es aus Nachhaltigkeitsaspekten wenig Sinn für jedes Produkt ein einzelnen Paket quer durch Deutschland zu schicken, wenn der Artikel auch in der Drogerie auf der anderen Straßenseite verfügbar ist. Und zuletzt – das bemängelten auch die deutschen Behörden – fehlten die tagesaktuellen Preise für die jeweiligen Artikel auf dem Knopf. Diese Schlagzeile bringt daher auf den Punkt: Amazon versucht ein nicht vorhandenes Problem der Kunden zu lösen.
Richtig und wichtig ist, dass neue Technologien nur eingesetzt werden sollten, wenn sie wirklich einen Mehrwert bieten. Sprich: sie müssen ein konkretes Problem beheben oder einen wirklichen Mehrwert bieten und sollten nicht zum Selbstzweck benutzt werden. Klar, Dash Buttons klingen erstmal fancy. Aber löst es wirklich ein Kundenproblem? Stiftet es einen Mehrwert? Macht Technik es wirklich einfacher?
“Technik ist die Anstrengung, uns Anstrengung zu ersparen”. Mit diesem Zitat wollte der Philosoph José Ortega y Gasset es auf den Punkt bringen. Tatsächlich beobachten wir heute eine andere Entwicklung. Durch die Technik wird vieles nicht einfacher, sondern noch komplexer.
Zum Beispiel: Eine E-Mail oder Messenger-Nachricht ist beispielsweise schneller als jeder Brief. Wir denken also wir sparen dadurch Zeit und es entlastet uns. Gerade wegen dieser Bequemlichkeit und Effizienz steigt jedoch die Menge an Nachrichten, was viele belastet. Im Jahr 2000 wurden 16 Milliarden Briefe in Deutschland versandt. 2018 waren es 848 Milliarden Mails. Das ist über 50x so viel. Die ständige Erreichbarkeit führt bei viele zu Burnout und Stress. Dieses einfache Beispiel verdeutlicht, dass jede neue Innovation auch neue Herausforderungen mit sich bringt.